VL3 Top Gun Tour 2020
Speziell dieses Jahr verdeutlichte uns wie wertvoll die Freiheit ist, dem Alltag zu entschwinden und unkompliziert zu reisen. Es war als würden die Lockerungen nur für uns gemacht als wir uns wie seit Januar geplant Mitte Juli auf unsere erste VL3 Reise in 2020 durch Norddeutschland und Dänemark begaben. Noch Ende April mussten wir die erste geplante Tour schweren Herzens absagen, umso größer war der Andrang natürlich bei Runde zwei: 11 VL3 und 20 Personen auf einer vergleichbar gesehenen Miniversion der gewohnten Ausflüge, die jedoch mindestens genauso viele wundervolle Momente in sich tragen sollte.
Sonntag, 12.07.2020 – die Taschen sind gepackt, die Vorfreude groß auf eine Woche gefüllt mit VL3 Momenten im Kreis der VL3 Familie. Den Kopf frei bekommen von den vergangenen eher speziellen Wochen – wie sollte das besser funktionieren als mit Wind unter den Tragflächen unserer Flieger, traumhaften Aussichten und in bester Begleitung?
Unseren Treffpunkt für diese Reise verlegten wir von Kamenz auf einen kleinen Platz ein Stück gen Süden nach Fichtelbrunn. In bester Erinnerung an die Gastfreundlichkeit der Oberpfalz und die Willkommensfeier, die Gerhard, Robert und Tobias für ihre VL3 in 2019 organisiert hatten, wählten wir „ZZZZ“ als Startpunkt für die kommenden Tage. Ab 14 UTC stand der Himmel über Sulzbach nicht mehr still und konnte man nach und nach die unterschiedlichsten VL3 auf der 450m Bahn mit 7% Anstieg und nur schmalem mittigen Asphaltstreifen landen sehen – Landepunktvergabe inbegriffen.
Bei Barbecue und Lagerfeuer unter freiem Himmel ließen wir den ersten Abend mit Gesprächen über unser allerseits Lieblingsthema, Fliegen mit der VL3, ausklingen, lernten uns kennen und waren nach diesem sensationellen Auftakt gespannt auf das, was noch kommen mochte.
Montag, 13.07.2020 – verhältnismäßig früh am Morgen trafen wir uns zum Briefing. Zumindest Tag 1 der Reise war zeitlich „streng“ getaktet. In drei Formationen, unterteilt nach Motorisierung, verließen wir Fichtelbrunn und flogen in 1,5 Stunden 365 Kilometer zu unserem ersten Tagesziel, Stölln /Rhinow in Brandenburg. Hier wurde das Fliegen geboren. Vor 127 Jahren 1893 begann Otto Lilienthal seine bahnbrechenden ersten Flugversuche, die den Grundstein für unsere Fliegerei setzten, auf diesem Gelände und beschenkte uns mit unbezahlbarer Freiheit. 1989 wurde dem Otto-Lilienthal-Verein ein großzügiges Geschenk in Gedenken an die Pioniers Leistung Lilienthals gemacht: eine Passagiermaschine des Typs IL 62, die ihre verdiente Rente antreten sollte. Besondere Ideen scheinen der Bevölkerung um Stölln im Blut zu fließen, denn die Frage nach dem Transport des Flugzeuges beantwortete man ganz klar mit: Luftweg. Ein Interflug Pilot war kühn genug, die Herausforderung anzunehmen und schaffte am 23.10.1989 das Unfassbare: er landete die IL 62 nach Monaten der Vorbereitung, unzähligen verabschiedeten Ausnahmeregelungen und mehreren technisch und wetterbedingten Fehlschlägen auf der 860m langen Sand-Graspiste.
Heinz-Dieter Kallbach, der Pilot der besonderen Art höchstpersönlich erzählte uns von diesem und weiteren Abenteuern seiner Pilotenkarriere vor Ort in „seiner“ IL 62 – selbst Kulturbanausen konnten ihre Faszination nicht mehr verbergen.
Nach Kaffee und Kuchen im Lilienthal Zentrum verabschiedeten wir uns wieder von „Lady Agnes“ und kehrten zu unseren eigenen Damen zurück. 263 Kilometer weiter gen Norden erwartete uns das Glitzern der Wasseroberfläche der Ostsee und eine besondere dänische Insel, die wir schon in 2019 bei der fliegermagazin Testreise kennenlernen durften.
Die Kulisse in Dänemark mit seiner flachen Landschaft, den kleinen Städten und vielen Inseln, die durch beeindruckende Brückenkonstruktionen miteinander verbunden sind, lässt das Pilotenherz höherschlagen. Um diesen Anblick von oben erleben zu können, bedarf es einer Einfluggenehmigung durch die dänische DULFU. Online findet man den entsprechenden Antrag mit den Angaben zu den einzureichenden Dokumenten, welche man per Mail an die zuständige Sachbearbeiterin sendet. Die Bearbeitung für eine 90-tägige Genehmigung geht bei Vollständigkeit der Unterlagen schnell und zuverlässig.
Der damit verbundene organisatorische Aufwand lohnt sich allemal. Auf uns wartete für die kommenden zwei Tage eine ganz besondere dänische Unterkunft: Vejroe. Umschlossen vom dänischen Festland im Smalandsfahrwasser befindet sich die unscheinbare 1,5 m² große Insel. Das sich selbstversorgende Inselhotel besitzt eine 500m Graslandebahn, einen Helikopterlandeplatz, ein Hotel, Ferienwohnungen, ein Restaurant, einen Hafen und einen Leuchtturm neben einer ausgereiften Tier- und Pflanzenpopulation. Motorisierte Fortbewegungsmittel sind rar und meist dem Gepäck vorbehalten – zu Fuß oder mit dem Fahrrad hieß die Devise.
Dienstag, 14.07.2020 - Das Inselfeeling genossen wir für einen weiteren Tag inklusive langen Spaziergängen rund um Vejroe, Sonnenbaden und einem fliegerischen Abstecher nach Kopenhagen. Ein kleiner Geheimtipp: inmitten durch die Innenstadt von Kopenhagen führt die VFR-Route „Ellehammer“, die wenn man sich den Sightseeing Trip am Boden sparen möchte, wundervolle Ausblicke auf die Schönheiten der Hauptstadt Dänemarks bietet. Die Freigabe erhält man durch Kopenhagen Tower relativ unkompliziert – guter Funk vorausgesetzt.
Mittwoch, 15.07.2020 - Vom Virus beeinflusst, erfuhren wir bereits vor Reiseantritt, dass unser zweiter Besichtigungstermin aufgrund vorherrschender Bestimmungen nicht stattfinden konnte. Ursprünglich hatten wir eine private Führung durch die Airbus Werft auf dem Tagesprogramm, die unser Bremer VL3 Pilot Christian für uns organisiert hatte. Zumindest ließ uns das Wetter nicht im Stich – die angekündigte Regenfront zog zielgerichtet an uns vorbei gen Südosten, so dass wir unser Inselhopping von der Ostseekulisse an die Nordsee verlegten.
Nach einem kurzen Tankzwischenstopp in Husum lohnte es sich für den kurzen Flug auf die Insel Föhr kaum noch unsere Fahrwerke wieder einzufahren. Wyk ist prädestiniert für einen Tages- oder Wochenendausflug. Der Flugplatz heißt alle Besucher auf nordfriesische Manier herzlich willkommen und liegt nur unweit vom Strand – Achtung: Badebegeisterte nehmen mitunter die Kurzversion einer Wattwanderung in Kauf, um bei Ebbe ans Wasser zu gelangen.
Was am Boden Matsch an den Füßen und eine Wasser Schnitzeljagd mit sich bringt, sieht von oben betrachtet beeindruckend schön aus: das Wattenmeer. Nach einem Mittagsimbiss im Pfannkuchenhaus (sehr empfehlenswert, aber dringend reservieren) und einem Eis am Hafen von Wyk ließen wir unsere Tragflächen über die Ebbe Kulisse der nordfriesischen Inseln bei allmählicher Sonnenuntergangskulisse inklusive Seehundbänken schweifen. Da wir nicht die einzigen mit der glorreichen Idee waren, den Sommerurlaub in heimatliche Gefilde zu legen, entpuppte es sich als Ding der Unmöglichkeit für 20 Personen ein Hotel auf der Insel zu ergattern. Die perfekte Alternative bietet daher der Flugplatz Ganderkesee westlich von Bremen. Neben einem sehr guten Restaurant ist auch ein sehr nettes Hotel angeschlossen – mit der VL3 ist es dann nur noch ein Katzensprung bis an die Nordsee.
Donnerstag, 16.07.2020 - Genau diesen Vorteil machten wir uns zu eigen. Da ein weiterer Punkt auf unserer Wochenliste, gemeinsam die Premiere des Blockbuster Top Gun im Kino anzuschauen, gestrichen wurde (Veröffentlichung nun am 23.12.2020), schlugen wir unser Lager vorerst in Ganderkesee auf. Von dort führten wir uns am darauffolgenden Tag die ostfriesischen Inseln zu Gemüte. Innerhalb einer Flugstunde umrundeten wir die Inselkette einmal und landeten auf Langeoog. Hier ist der Strand zwar ein paar Minuten weiter entfernt vom Flugplatz, dafür ist das Wasser allerdings vom Sandstrand in unmittelbarere Reichweite.
Freitag, 17.07.2020 - Zum Abschluss vollführten wir noch einen letzten Wechsel der Region und flogen 181km in unter 45 Minuten ins Sauerland. Südlich von Paderborn liegt der Flugplatz Brilon (750m Asphalt), von wo aus wir uns noch zu einer Besichtigung der besonderen Art begaben. Nach fast 30 Kilometern im Auto, die uns aufgrund der sauerländischen Infrastruktur fast länger brauchten als von der Nordsee nach Brilon, erreichten wir in einer unscheinbaren, kleinen Ortschaft unser letztes Kulturziel. Im Bergdorf Kallenhardt wird seit 2000 u.a. einer der weltweit besten Whiskeys hergestellt. Ein bisschen Vitamin B öffnete uns die Türen zu diesem besonderen Unternehmen und wir erhielten Einblick in die fabelhafte Welt der Destillerie – natürlich begleitet von der einen oder anderen Probe, die bis in den späten Abend anhalten sollte.
Am nächsten Morgen – 6 Tage später, circa 7 Stunden mehr auf den Betriebsstundenzählern und mit neuen Erfahrungen reicher – hieß es wieder Abschied nehmen. Von Brilon aus traten alle Flieger ihren Rückweg nach Hause an – sicherlich mit Wehmut verbunden, aber vor allem mit Viel Vorfreude auf die kommenden Events.